Nach dem anstrengenden gestrigen Konferenztag ist heute relaxen und etwas Sightseeing angesagt. Atul hat einen Wagen geschickt, der uns quer durch Mumbai fährt. Da ich das erste Mal überhaupt in Indien bin, sind die Eindrücke natürlich überwältigend und es ist kaum mehr nötig als das Geschehen aus dem Auto heraus aufzusaugen.
Hier mal eine kurze Pause am Kiosk, dann ein Spaziergang durch die Hängenden Gärten im Süden der Stadt. Tausende von Menschen und Fahrzeugen auf den Straßen. Dicke Limousine zwischen Unmengen an TukTuks und Bikes, Inderinnen im bunten Sari neben Western Style Fashion Victims, gleich daneben ärmlich gekleidete Kinder die am Straßenrand spielen.
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Sonntag 24.5 2015 – Fahrt in den Süden
Auch den heutigen Tag werden wir im klimatisierten Auto verbringen. Gegen Zehn Uhr holen uns Atul und Avidash nebst Fahrer ab und wir starten unsere Fahrt nach Kolhapur. Dort werden wir die heutige Nacht verbringen, um morgen die in der Nähe liegende Fabrik zu besuchen. Gut 400 Kilometer, die uns über Puna Richtung Süden führen werden. Sieben bis acht Stunden wird die Fahrt wohl dauern.
Was ich die nächsten Stunden links und rechts der Straße beobachte, erinnert mich sehr an meine China-Reise von vor zwei Jahren – eine Industrienation im Aufbruch. Neubauten und Infrastrukturprojekte wohin das Auge schaut. Die meiste Zeit fahren wir über eine Autobahn-Baustelle, die mal mehr und mal weniger fertig ist.
Die Fahrt führt uns Richtung Süden ins Hochland, wo zunehmend Zuckerrohrfelder, die das landwirtschaftliche Haupterzeugnis der Gegend darstellen, die Landschaft beherrschen. Zelte aus Palmwedeln und Kunststoffplanen, die neben den Felder aufgebaut wurden, erinnern immer wieder daran, das in diesem Land trotzt Wirtschaftsboom noch einiges zu tun ist.
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Gegen Abend erreichen wir dann Kolhapur und seine dicht bevölkerten Straßen. Ein kleines Hotel nahe des Ortszentrums wird unsere heutige Unterkunft sein. Beim Abendessen begeistern mich wieder einmal die Vielfalt und Feinheiten der Indischen Küche auf die Atul, wie deutlich zu sehen ist, sehr stolz ist. Im TV läuft das Finale der nationalen Kricket-Liga, das Mumbai an diesem Abend für sich entscheiden wird.
Viel interessanter als das Kricket-Finale sind aber die Gespräche, die wir nebenbei am Tisch führen. Biofaire Taschen zu verkaufen und auf die Siegel zu vertrauen ist die eine Sache, die Menschen dahinter kennenzulernen eine ganz andere. Papier und Richtlinien sind geduldig, Menschen je später der Abend gesprächig. Wer mit wem, warum, seit wann und warum so nicht; was machen die Kinder, hier ein Witz, da eine Anekdote, dann stößt man wieder auf eine blöde Reklamation an, die man vor längerer Zeit gemeinsam bewältigt hat.
Es ist klar, wir sitzen hier als nicht unwesentliche Kunden aus Europa am Tisch und werden sicher auch entsprechend behandelt. Aber meine Erfahrung hat gezeigt, dass man immer sehr schnell merkt wie das Gegenüber tickt. Ist es ein reines Business-Gehabe oder schwingt auch die persönliche Freude darüber mit, einem fairem Geschäftspartner gegenüber zu sitzen? Habe ich es mit jemanden zu tun, der nur auf kurzfristigen Profit aus ist oder sitzt man mit einem Kaufmann am Tisch, der nicht nur kurz- sondern auch mittel- und langfristig denkt?