Hannover Messe 2012 – Visionen und Missionen

Im Rahmen der Promotion World war ich dieses Jahr eingeladen, auf der Hannover Messe einen Vortrag über nachhaltiges Marketing zu halten. Eine interessante Erfahrung, auf die ich an anderer Stelle noch einmal eingehen werden. Aber natürlich habe ich bei meinem kurzen Messeaufenthalt, auch wieder die Gelegenheit ergriffen, zu schauen wie die Aussteller in Sachen Nachhaltigkeit unterwegs sind und welche Inspirationen ich mit nachhause nehmen kann.

Fazit 1: Mit einem etwas engeren Fokus hätte man gut denken können, auf einer Messe für Nachhaltigkeit zu sein. Überall große Banner die mit Worten wie „Sustainability“ oder „Effizienz“ warben. Das Thema scheint tatsächlich langsam auch in der Industrie anzukommen. Wenn dabei wahrscheinlich auch oft eher der monetäre Gedanken im Vordergrund steht, als eine Vision oder gar eine Mission. Aber gut, warum auch nicht. Besser so, als gar keine Bewegung.

Fazit 2: Bei der Umsetzung nachhaltiger Themen in der Werbung ist hingegen noch viel Platz nach oben. Standard und konventionelle Werbemittel haben die Messe deutlich dominiert. Hochglanz und Kunststoff waren die bestimmenden Materialien. Recyclingpapier oder ökologische Werbeartikel fand ich fast nur bei Unternehmen, die sich schon auf Grund ihrer Geschäftsidee dem nachhaltigen Gedanken verpflichtet sehen.

Aber schön: so gut wie keine Einweg-Plastiktüten. Fast durchweg setzt man mittlerweile auf wiederverwendbare Taschen. Meist aus Kunststoff oder Papier, Stoff war eher selten vertreten.

Sustainability

Nachhaltigkeit war aber allgemein doch ein großes Thema, zumindest in den Hallen, in denen ich mich bewegt habe. Ich fand es schon bemerkenswert, dass sich eine ganze Halle dem Thema Green Technology und gleich zwei den alternativen Energien widmeten. Aber klar, die Energiewende macht sich auch hier bemerkbar: Keine neue Techonologie ohne die entsprechende Industrie. Wenn ich es auch etwas befremdlich fand, dass die großen Energieversorger plötzlich ihre Stände grün anstreichen und so tun, als wäre das alles auf ihrem Mist gewachsen.

Education

Da auch ich in Sachen Bildung und Know-how-Transfer unterwegs war, fand ich zwei Gespräche besonders interessant. Zum einen am Stand des Zentrums für Ressourcen-Effizienz (ZRE), zum anderen beim CSCP (Centre on Sustainable Consumption and Production). Zwei Organisationen, die sich im weiteren Sinne, mit der Erarbeitung und Verbreitung von Nachhaltigkeits-Strategien beschäftigen. Das ZRE als Know-how-Partner der Industrie, das CSCP eher auf wissenschaftlicher Ebene und im Bereich der Allgemeinbildung.

Was bedeutet nachhaltiges Handeln und wie können die Ansätze in der Praxis umgesetzt werden?

Wie auch ich mit meinem Vortrag, standen beide Gesprächspartnerinnen vor der Problematik, dass es unheimlich schwer ist, Nachhaltigkeit in all ihren Dimensionen dem „Normalbürger“ zu erläutern. Denn je mehr man in die Tiefe geht, desto komplexer und komplizierter wird es.

Aber die einfachen Erklärungen bieten eben viele Angriffsflächen für die populistischen Argumente aus Lobby-Verbänden und Politik. Daher muss bei solchen Diskussionen immer auch ein Stück in die Tiefe gegangen werden. Welche Zusammenhänge bestehen? Welche Parameter beeinflussen was, an welcher Stelle? Und dann wird es eben sehr schnell, sehr komplex. Das Gegenüber zieht sich dann zurück und man bekommt es mit platten Aussagen wie: „Die ganzen Siegel sind doch eh Mist“, zu tun. Unreflektiert, aber eben einfach nachzuplappern.

Von daher waren wir waren uns einig: Wer sich ernsthaft für eine nachhaltige Entwicklung einsetzt, hat immer auch eine gewisse Bildungsaufgabe. Das Wissen muss weitergegeben und geteilt werden, sonst wird es tatsächlich nur im Schneckentempo voran gehen. Wenn überhaupt!

Recycling & Ressourceneffizienz

Auf der Produktseite fand ich bei meinem kurzen Aufenthalt, zwecks mangelnder Zeit, leider nicht so viel Berichtenswertes. Spannend fand ich den Stand der Fraunhofer Gesellschaft, die ihre Forschung zu neuen Recyclingwerkstoffen und -techniken vorstellte. Zum Beispiel die Rohstoffgewinnung aus alten Fensterrahmen. Rohstoffe länger im Produktkreislauf zu halten ist ja ein großes Thema und ein wichtiges Standbein in der Ressourcenschonung.

Wissenstransfer in meine Richtung durfte ich bei der Energiecontracting Heidelberg AG (ECH) erleben, als ich dort die von uns gelieferten Werbebäumchen besuchte.

Die ECH bietet verschiedene Konzepte zur Energieversorgung mit Biomasse, die sowohl in Unternehmen wie auch Kommunen zum Einsatz kommen. Die Betreuung reicht hierbei von der Beratung und Planung über die Finanzierung bis hin zum Betrieb der Energieerzeugungsanlagen.

Eine Aufgabenstellung, die auf Grund ihrer Vielschichtigkeit ein hohes Maß an Know-how erfordert, das in kaum einem Unternehmen vorhanden ist. – Wären wir wieder bei der schon oben angesprochenen Komplexität nachhaltigen Handeln. Dass hier im Energiesektor ein hoher Bedarf besteht, zeigte die große Zahl anderer Aussteller, die ähnliche Dienstleistungen anboten.

Neben der Wissensvermittlung ist Out-Sourcing und die Bildung von Kompetenzzentren auch eine Möglichkeit, nachhaltige Ideen voranzubringen. Nichts anderes mache ich ja auch mit Green Promotion, in dem ich Wissen über Materialien, Produktionsweisen und Zusammenhänge konzentriere und meinen Kunden zur Verfügung stelle.

Nachhaltigkeit auf Facebook

Gefallen hat mir eine Begegnung am CSCP-Stand, die mich dann vielleicht doch einmal dazu verleiten wird, bei einem Facebook-Spiel mitzumachen. Üblicherweise lehne ich diese ganzen FarmVille-Anfragen ja reichlich genervt ab. Aber der Software-Entwickler, der mir von Great King City erzählte, hat mich dann doch neugierig gemacht. Bei dem Spiel geht es natürlich auch darum eine Stadt zu bauen – aber eine grüne und umweltfreundliche Stadt.

Das Spiel wurde in Thailand gestartet und hat dort mittlerweile scheinbar mehr als 40.000 Teilnehmer. Aktuell entsteht eine englische Version, die dann auch für uns lesbar sein wird. Die Idee hinter dem Spiel ist, Kinder für nachhaltiges Handeln zu sensibilisieren. – Auch hier wieder, das schon zuvor angesprochene Thema Wissensvermittlung.

Ich werde das Spiel verfolgen und mit etwas mehr Hintergrundinformationen vom Entwickler, sicher noch einmal darüber berichten.

Nachhaltigkeitsmodelle

Wenn ich in Einem auf dieser Messe bestärkt wurde, ist es der Gedanke, dass die Vermittlung von Wissen eine wichtige Säule in der nachhaltigen Entwicklung ist. Im gängigen 3-Säulen-Modell werden, sozusagen als Überbau, ja nur die ökologischen, ökonomischen und sozialen Faktoren gemeinsam betrachtet.

Geht man aber eine Stufte tiefer und schaut, welche weiteren Parameter mit Blick auf das Gesamte eine Rolle spielen, erweitert sich dieses Modell sehr schnell. Wie sieht es mit den kulturelle Faktoren bei einer Entscheidung aus? Schließlich beeinflusst jede Handlung, ja auch die persönliche Lebenswelt unseres Gegenüber. Oder wie ist es mit der politischen Dimension? Wer eine Vision und Mission hat, muss bei Entscheidungen mit nachhaltigem Kontext ja auch das politische Umfeld beachten. Schließlich soll die nachhaltige Denkweise ja auch gesamtgesellschaftlich vorangebracht werden.

Und eine wichtige weitere Dimension ist für mich eben auch die Wissensebene. Arbeite ich in einem Umfeld mit offenem Wissenstransfer oder wird das Know-how das uns weiterbringen könnte, als Betriebsgeheimnis betrachtet? Habe ich Geschäftspartner mit denen ich gemeinsam eine Entwicklung vorantreiben kann oder ist es ein reines One-Way-Verhältnis?

Eine Diskussion, die uns schnell auch zu Themen wie Freies Internet, Urheberrecht und Online-Enzyklopädien führt. Aber zur Netzpolitik, dann ein anderes Mal.